Stefan Frühwirth – Blog – Österreichische Nationalbibliothek Crowdsourcing https://crowdsourcing.onb.ac.at/blog Mon, 29 Mar 2021 19:42:45 +0000 de-AT hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.1.1 https://crowdsourcing.onb.ac.at/blog/wp-content/uploads/2019/10/blog-favicon-1-150x150.png Stefan Frühwirth – Blog – Österreichische Nationalbibliothek Crowdsourcing https://crowdsourcing.onb.ac.at/blog 32 32 Luftbilder und Verortungen https://crowdsourcing.onb.ac.at/blog/luftbilder-und-verortungen/ https://crowdsourcing.onb.ac.at/blog/luftbilder-und-verortungen/#comments Mon, 04 May 2020 12:00:00 +0000 https://crowdsourcing.onb.ac.at/blog/?p=946 Überlegungen zum richtigen Verorten von Luftbildern, zur subjektiven Bedeutung von Crowdsourcing-Beiträgen, und wie sich durch Ihre Mithilfe dennoch ein Konsens finden lässt.

Foto: Martin Reisch / Unsplash

Wie sieht eine objektiv nachvollziehbare und eindeutige Verortung von Luftbildern aus? Die Fotogrammetrie [1] beschäftigt sich unter anderem mit der Auswertung von Luftbildaufnahmen zur exakten Vermessung und Kartografierung [2]. Aus einer Aufnahme, die senkrecht zur Erdoberfläche erstellt wurde, lässt sich ein Bildausschnitt mit Hilfe spezieller Verfahren in ein geographisches Koordinatensystem einpassen [3]

Bei den Fotografien unserer Crowdsourcing-Kampagne „Österreich aus der Luft“ handelt es sich nicht um senkrechte Aufnahmen. Die Bilder wurden größtenteils aus einer zum Horizont geneigten Perspektive erstellt und sollten – nach bisherigem Wissensstand – nie einer kartografischen Verwertung zugeführt werden. Vorrangiges Ziel war die Abbildung von Städten, Landschaften und Verkehrsanlagen für Werbezwecke und für die Verwendung als Unterrichtsmaterialien in Schulen [4]. Die Bilder fungieren demnach hauptsächlich als informative und ästhetisch wertvolle „Bestandsaufnahme“ Österreichs aus der Luft. 

Auch aus diesem Grund war für uns eine exakte räumliche Zuordnung weder Ziel der Crowdsourcing-Kampagne noch praktikabel, denn: Was ist der Referenzpunkt der Verortung? Sollte etwa die Position des Flugzeugs, der Kamera, als „Ort“ der Fotografie verstanden werden? Zusätzliche Daten wie Winkel der Aufnahme, verwendetes Objektiv etc. könnten – mit einigem Aufwand – zu einer Lokalisierung des Abgebildeten führen. Ist die genaue Aufnahmeposition, so wie in unserem Fall, nicht bekannt, ist die exakte Einordnung schwierig. Die Übereinstimmung mit bereits lokalisierten Luftaufnahmen oder Computermodellen könnte hier Abhilfe schaffen. Diese Art der Positionsbestimmung [5] ist – manuell durchgeführt – aber auch entsprechend aufwendig. Unser Ziel war es hingegen, eine möglichst schnell durchführbare Verortung zu ermöglichen. 

Foto: Robert Bye / Unsplash

Also haben wir es Ihnen – den Beitragenden – überlassen, bei jedem Bild eine höchst individuelle Entscheidung zu treffen und den Ort, den ein Luftbild zeigt, mit einem Kartenmarker (auch: Pin) zu markieren. Wir hoffen, dass wir auf diese Weise verschiedene subjektive Perspektiven sammeln können, die dann in einem zweiten Schritt bewertet werden. So soll sich jene Verortung hervorheben, die den meisten Zuspruch findet. Dieser zweistufige Prozess sorgt einerseits dafür, dass jede/r ein Mitspracherecht hat, andererseits kann sich ein Konsens herausbilden, der als de facto passendste Verortung in den Metadatensatz des Bildes (das sogenannte „Bildjournal“) einfließt.

Zur Bewertung haben wir eine vierstufige Skala entworfen, durch die verschiedene Grade der Zustimmung ausgedrückt werden können. Zunächst gibt es die Möglichkeit, ein, zwei oder drei Punkte zu vergeben. Die numerische Skala korreliert mit den Aussagen „Ich glaube, der Marker passt“, „Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Marker passt“ und „Ich verfüge über lokales Wissen zu diesem Bild und bin mir sicher“. Dies erlaubt es uns, eine qualitative Abstufung mit quantifizierbaren Werten zu verbinden, und somit zu jeder Verortung eine Punktezahl errechnen zu können. Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, elf Punkte für eine bestimmte Verortung zu vergeben, wodurch sich die Gesamtpunktzahl durch eine/n BenutzerIn – im Vergleich zu ein, zwei oder drei Punkten – signifikant erhöhen lässt. Auf diese Weise kann jede/r BenutzerIn seine/ihre persönliche und oft auch emotionale Bedeutung zu einem Bild und der „richtigen“ Verortung zum Ausdruck bringen, wobei aber jede/r insgesamt nur drei dieser „Joker“ zur Verfügung hat.

Die Aufgabe 5 („Verortung bewerten“): So sieht sie aus!

Bis jetzt (Stand: Mitte April 2020) wurden im Rahmen der Kampagne „Österreich aus der Luft“ insgesamt mehr als 27.300 Verortungen gesetzt. Dies übersteigt die Anzahl der verfügbaren Luftbilder um mehr als das Fünffache – pro Bild existieren also mehrere, von verschiedenen BenutzerInnen gesetzte Verortungen. Nicht immer passen diese zum Ort des Dargestellten – oft wurden wir von den NutzerInnen darauf hingewiesen, dass Luftbilder falsch zugeordnet wurden. Und das nicht zu Unrecht, denn auf der Landkarte der Startseite war immer nur ein Ort pro Bild markiert – nämlich der zuerst beigetragene. Dieser gesetzte Kartenmarker konnte von NutzerInnen der Plattform bisher nicht beeinflusst werden. Das wird sich in Zukunft laufend ändern, denn mit der Aufgabe „Verortung bewerten“ ist der Grundstein dafür gelegt, dass aus den vielen Beiträgen für jedes Bild eine einzelne Verortung hervorgeht, auf die sich mehrere BenutzerInnen einigen können. Nicht der zuerst beigetragene, sondern der am besten bewertete Marker wird künftig auf der Startseite gezeigt.

Anmerkungen

  1. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Photogrammetrie&stableid=198057129
  2. Welche Informationen aus Luftbildern gewonnen werden kann, und welche vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten sich ergeben, können Sie in unserem Beitrag „Luftbilder damals und heute“ nachlesen.
  3. https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Luftbildfotografie&stableid=193449942#Senkrechtbilder sowie https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Orthofoto&stableid=196925746
  4. Eine detaillierte Darstellung der Hintergründe findet sich in unserem Beitrag „Die ÖLAG im Wandel der Zeit.
  5. Die „sMapshot-Kampagne der ETH Zürich verfolgt diese Strategie.

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